Oktober ist der Monat, an dem wir an die Ernte und an den Dank für diese denken.

Für viele von uns ist Ernte aber nun nicht wirklich zum Alltag gehörend. Wir konsumieren, essen, kochen, bestellen, aber wie das alles auf unsere Tische, in unsere Supermärkte kommt, wissen die meisten von uns nicht mehr. Das ist nicht schlimm, aber es verdrängt die Dankbarkeit. Umso viel mehr, wenn alles, so wie im Moment, so viel teurer wird. Aber ohne Dankbarkeit wird unser Leben ärmer.

Eine kleine Geschichte dazu:

Es war einmal ein reicher Bauer. Zu dem sprach seine Frau an einem schönen Herbsttag: „Mann, wir haben eine gute Ernte gehabt. Küche und Keller, Scheune und Vorratskammern sind voll. Lass uns das Erntedankfest feiern!“  „Nein“, antwortete der Bauer, für die Ernte habe ich hart genug arbeiten müssen. Bin ich nicht jeden Morgen beim ersten Hahnenschrei aufgestanden? Wie soll ich für etwas danken, was doch allein mein Verdienst ist? Ich will ins Wirtshaus gehen und einen Schoppen Wein darauf trinken.“ Damit verließ er das Haus. Als er ein Stück gegangen war, sah er am Wegrand im warmen Herbstsonnenschein einen Mann mit seiner Frau und ihren zwei Kindern sitzen. Die vier hatten nichts bei sich als ein kleines Bündel aus rot-weiß kariertem Leinen. Der Vater knüpfte es gerade auf und nahm ein kleines Brot und zwei Handvoll Trauben heraus. Der Bauer blieb stehen. „Setzt Euch nur zu uns, wenn Ihr hungrig seid!“ sagte der Mann. Es ist nur ein einfaches Mahl, das ich Euch anbieten kann. Aber das Brot ist frisch, und die Trauben sind süß. Ein guter Nachbar hat sie uns mit auf den Weg gegeben. Unser Haus ist vor einigen Tagen einem Feuer zum Opfer gefallen und all unser Hab und Gut mit ihm.“ „Nein, danke, ich bin nicht hungrig“, antwortete der Bauer. „Auch reichen ja Brot und Trauben kaum für Euch selbst. Mich wundert, dass Ihr da so vergnügt in der Sonne sitzt und nicht weint und klagt über das, was Euch widerfahren ist.“ „Wie sollten wir weinen und klagen?“ entgegnete der Mann. „Meine Frau, unsere Kinder und ich sind dem Feuer unbeschadet entkommen. Dafür danken wir Gott und auch für die guten Gaben, die wir in seiner goldenen Sonne zu uns nehmen dürfen.“ Damit teilte er das Brot und die Trauben, und alle ließen es sich schmecken. Der Bauer blieb noch einen Augenblick nachdenklich stehen, und etwas wie Scham erfüllte sein Herz. Kommt mit in mein Haus!“ sprach er dann. „Ich weiß etwas Besseres, als ins Wirtshaus zu gehen.“ Die Familie nahm die Einladung an und folgte dem Bauern. „Komm, Frau!“ rief der Bauer beim Eintreten. „Wir wollen Erntedankfest feiern. Diese guten Leute haben mir gezeigt, was es heißt, dankbar zu sein, und auch, was es bedeutet zu teilen.“ Da setzten sich alle fröhlich zu Tisch.

Ich kann den Bauer verstehen. Er hat hart gearbeitet, es war körperlich schwer! Es gab keine geregelten Arbeitszeiten. Immer wieder die Sorge, dass es zu wenig oder zu viel regnet. Ob die Sonne zu viel oder zu wenig scheint. Krankheit oder Unwohlsein konnte er sich nicht leisten. Ob seine Investitionen sich gelohnt haben, konnte er erst bei Einfuhr der Ernte feststellen. Alles lag gefühlt auf seinen Schultern und besonders viel Anerkennung von anderen konnte er auch nicht erwarten. Das hat sich ja bis heute nicht geändert. Wir alle wollen essen, aber die Wenigsten möchten in der Landwirtschaft tätig sein!

Kein Wunder also, dass der Bauer nach erfolgreicher Ernte dann lieber sich selbst feiern wollte, anstatt Erntedank zu feiern! So geht es vielen von uns auch. Wir schuften und arbeiten, einiges gelingt, manches auch nicht! Und wenn wir dann mal frei haben, dann wollen wir uns selbst belohnen. Uns mal etwas Schönes gönnen! Im Alltag ist es dann mal essen gehen, oder ein gemütlicher Abend auf der Couch mit einem unterhaltsamen Film! Wenn man dann mal mehr Zeit hat, dann macht man einen Kurztrip irgendwo hin oder hat einen schönen Urlaub an Orten, die man schon immer mal sehen wollte! Und dagegen ist auch absolut gar nichts einzuwenden! Das sollten wir alle so machen, auf uns selbst aufpassen, uns Zeiten zum Erholen, Dinge zum Auftanken erlauben!

Aber was wir dann allzu schnell vergessen: Dankbarkeit gibt Kraft! Denn nur mit Dankbarkeit wird uns wirklich bewusst, was wir alles haben und was alles gut gelingt. Und dass wir genug oder reichlich haben, dass wir Dinge schaffen, die gut tun, das ist ein Geschenk! Nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich, denn es ist nicht in einer bunt verpackten Box, die wir öffnen können und schon sind da all die wichtigen Dinge drin, wie ein Dach über dem Kopf, Nahrung, eine Arbeitsstelle, Familie, Freund*innen, Liebe, Gesundheit, Lebensfreude…usw. Aber, dass wir das erreichen können, dass wir überhaupt in der Lage sind, solche Dinge zu genießen, das ist ja keine Selbstverständlichkeit!

Dass es geregnet hat, die Sonne auf günstige Art geschienen, keine Schädlinge über die Felder gezogen sind, die Scheune nicht abgebrannt ist, die Bauersleute nicht krank geworden sind, kein Krieg ausgebrochen ist, dass wir überhaupt leben… das ist ja nicht unser Verdienst. Es gibt so viel, wofür wir dankbar sein können und es gibt uns so viel, wenn wir das erkennen!  Diese Erkenntnis kann uns fröhlich machen trotz all der Dinge und Geschehnisse, die immer wieder unangenehm oder böse in unser Leben platzen.

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. So steht es in Psalm 139.

Und wenn wir diese Dankbarkeit fühlen, dann ist das ein guter Grund zum Feiern! Mit unseren Lieben, mit Fremden, mit den Gemeinschaften, Gemeinden und Vereinen, zu denen wir gehören. Und dieses Feiern, dieses Teilen von Dankbarkeit, von Freude und Liebe, das macht das Geschenk dann noch viel größer! Also lassen Sie uns innehalten, nachdenken, nachfühlen, was es alles Gutes in unserem Leben gibt, was uns alles geschenkt wurde, und dann lassen Sie uns froh und glücklich darüber sein und dankbar…

Einen schönen Oktober wünscht Ihnen, Ihre Iris Gronbach