2020 ein Jahr, das im Gedächtnis bleiben wird! In den sozialen Medien gibt es viele häufig witzig oder sarkastische Beiträge, die 2020 als eins der schlimmsten Jahre überhaupt beschreiben. Und wenn wir das immer noch vorherrschende Thema anschauen, kann man es ja auch so sehen. So etwas hat es in der modernen Welt zuvor nicht gegeben, Covid 19 hat Angst gemacht auf viele Arten und Weisen.

Angst, krank zu werden; Angst, geliebte Menschen zu verlieren; Angst, wirtschaftlich zu Grunde zu gehen; Angst, die falsche Meinung zu haben; Angst, Kultur, Bildung, soziale Bindungen zu zerstören; Angst vor dem Sterben…

Jetzt kommt 2021, aber Covid 19 ist noch da, bleibt vielleicht auch…

Wir gehen ins neue Jahr ohne Feuerwerk, ohne große Partys und bestimmt auch wieder mit Ängsten…

Und auch die sind natürlich nicht ganz unberechtigt! Wie wird das Alles werden? Also die Sache mit Covid 19 und dem Impfen und den Mutationen und überhaupt! Aber da gibt es ja auch noch ganz viele andere Themen! Politische, wie Klimawandel, Brexit, Soforthilfen, Wahlen, und so weiter und so fort! Aber auch, wie jedes Jahr, persönliche: Wird die geliebte Tante sich von dem Schlaganfall erholen? Klappt es diesmal mit dem Internet-Dating? Bestehe ich die anstehenden Klausuren? Schaffen wir es in unsere Beziehung wieder mehr Schwung zu bringen? Werde ich mich gut im Blick haben und Entscheidungen treffen, die mich weiterbringen? Stellt sich 2021 endlich der gewünschte Nachwuchs ein? Soll ich mich mal wieder bei XY melden, oder bringt das eh nur wieder Schmerz? Wird das Geld reichen für das, was ansteht?

Wir alle haben wohl irgendwelche Zukunftsängste und -sorgen, Themen, die uns besonder im Übergang zu einem neuen Jahr beschäftigen!

Mir ist ein Gedicht vor die Nase gekommen, das mich angesprochen hat:

Versuch es

Stell dich mitten in den Regen,
glaub an seinen Tropfensegen
spinn dich in das Rauschen ein
und versuche gut zu sein!

Stell dich mitten in den Wind,
glaub an ihn und sei ein Kind –
laß den Sturm in dich hinein
und versuche gut zu sein.

Stell dich mitten in das Feuer,
liebe dieses Ungeheuer
in des Herzens rotem Wein –
und versuche gut zu sein!

(Wolfgang Borchert)

Wolfgang Borchert, der nur 26 Jahre alt geworden ist und für den ganz bestimmt nicht alles rosig war, angefangen damit, dass er seinen Traum, Schauspieler zu werden, nicht verwirklichen konnte! Aber vor allem seine gezwungene Teilnahme am 2. Weltkrieg, seine daraus erfolgende gesundheitliche Verfassung, seine Inhaftierungen, weil er zu kritisch oder zu scherzhaft mit dem NS-Regime umging und letztlich seine schwere Erkrankung, die ihn viel zu früh hat sterben lassen, sind alles keine Dinge, die einen so ohne Weiteres leicht und unbeschwert aufs Leben schauen lassen!

Und dennoch diese Worte. Ich habe nicht rausfinden können, wann er sie geschrieben hat, aber sie wurden erst 1949 veröffentlicht, da war er schon tot.

Stell dich mitten in den Regen! Blöd eigentlich! Wozu gibt es Schirme, Dächer, Regenjacken!!?? Und doch, die meisten von uns werden dieses befreiende Gefühl kennen, wenn man auf einmal mitten im Regen steht ohne Schutz und laut lachen muss! Weg ist die ganze Vernunft, oder eben auch nicht! Denn was ist schon schlimm daran, mal richtig nass zu werden!? Regen bringt Segen heißt es doch! Und auch wenn ich ihn für mich persönlich meistens nicht mag, ist es manchmal toll, in ihm zu stehen, die Tropfen auf sich zu spüren, das Prasseln zu hören und sich lebendig zu fühlen; ein Teil von der Natur, von der in ihr herrschenden Lebensenergie zu sein…

Ähnlich verhält es sich mit Wind und Feuer. Als Kind träumte ich davon, den Wind beherrschen zu können, manchmal glaubte ich tatsächlich auch, dass es mir gelingt 😊!

Und das Feuer…diese unbändige Kraft, diese prickelnde Hitze, die sich gut anfühlt, so lang das Feuer nicht zu groß, zu mächtig wird…

Ich verstehe Borcherts Gedicht als Aufruf, das Leben, die Energie anzunehmen, sich darauf einzulassen, auch wenn es gefährlich ist und es einem Angst macht mit diesen Ungeheuern an Gefühlen, Möglichkeiten, Taten, die unsere Lebenswege immer wieder kreuzen. Wir sollen uns nicht daran vorbeschleichen, sondern uns mitten reinstellen! Das braucht Mut! Und das ist normal, denn Leben braucht Mut! 2021 braucht unseren Mut!

Mir gefällt das! Ich finde das ist ein schönes Motto oder ein guter Vorsatz! Mutig sein, das Leben und seine Kraft annehmen und dabei noch (das für Borchert in diesem Fall vielleicht Wichtigste, denn er wiederholt es ja jedes Mal!) versuchen gut zu sein!

Das Alles wird uns nicht immer gelingen, aber das sollte uns nicht hindern, voller Elan in ein GUTES Neues Jahr zu starten!

Und wie steht es schon im Markus-Evangelium, in dem Jesus sagt: „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“

Also stellen wir uns rein in den Regen, den Wind, das Feuer, DAS LEBEN, wie die Kinder und empfangen mutig, was das Leben uns bereitstellt!

Kommen Sie gut rein, bleiben oder werden Sie gesund und versuchen Sie gut zu sein!

Ihre Iris Gronbach