Es ist Urlaubszeit oder für viele von uns WÄRE es jetzt Urlaubszeit. Eine Zeit, in der wir gern irgendwo hinfahren, wo es besonders schön oder besonders spannend ist.
Eine Zeit, in der wir uns gern erholen oder Kraft und neue Eindrücke tanken inmitten schöner oder beeindruckender Natur! Wir fahren ans Meer, machen Abstecher in die Wüste und schauen oder verlieren uns in der Weite und fühlen uns… ganz klein.
Oder wir fahren in die Berge, lassen uns von mächtigen Felsmassiven beeindrucken, tauchen darin ein und verbringen Stunden beim Wandern und fühlen uns… ganz klein.
Manche fahren auch gern in große Städte, saugen die Atmosphäre, die fremde Kultur, alle Eindrücke, das ganze Gewusel auf und fühlen sich… ganz klein.

Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten Urlaub zu machen, ohne diese umwälzenden Erfahrungen, aber ich habe das Gefühl, dass das schon einen allgemeinen Reiz ausübt auf uns Menschen: Das sich klein Fühlen!
Komisch eigentlich, denn meist sind wir doch sehr Ich-bezogen und leben so als wären WIR das Zentrum allen Lebens. Alle Aussagen, sei es im Freundeskreis, in den Nachrichten oder den sozialen Medien, beziehen wir sehr gern auf uns.
Da spricht oder schreibt jemand über die katastrophalen Zustände in der Fleischindustrie und alle fühlen sich angesprochen, die einen verteidigen sich und ihren Fleischkonsum, die anderen klopfen sich stolz auf die Schulter und erklären, dass sie schon lang kein Fleisch mehr essen und wenn, dann nur beste Bio-Qualität, und die ganz anderen gehen auf Angriff über, sie beschimpfen, ja bedrohen alles, was gegen ihre eigene Meinung, ihr eigenes Bedürfnis geht!
Da macht eine Kabarettistin einen Beitrag zum Thema Feminismus und schon bekommt sie bedrohliche Hassmails, die sie auf schlimmste Art auffordern, sich nicht mehr öffentlich zu betätigen oder ihr wünschen, sie sei am besten abgetrieben worden.
Da machen Politiker, besonders die in Kommunen, das, was sie immer schon gemacht haben, sich kümmern um die Bereiche, für die sie gewählt wurden und müssen sich zu dem üblichen Wahnsinn auch mit unzähligen Hasskommentaren beschäftigen oder hören mit ihren politischen Ämtern auf, weil sie es nicht aushalten, dass sie und ihre Familien mit dem Tod bedroht werden.
Wir wollen uns eigentlich immer wichtig fühlen, gesehen, wertvoll. Wir möchten, dass uns und unserer Meinung Respekt entgegengebracht wird. Wir wollen nicht klein sein, nicht in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, wir wollen etwas bewegen, wir wollen, dass sich an uns erinnert wird, dass, wenn wir einmal nicht mehr da sind, hier dennoch etwas von uns bleibt…

In Psalm 8 finden wir folgende Frage, die meines Erachtens zu diesem scheinbaren Widerspruch passt:

Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

Auch der Psalmist weiß, dass wir Menschen, im Vergleich zu dem, was uns umgibt, die Natur, der Kosmos, die Schöpfung, erbärmlich klein und unbedeutend sind, aber er ist sich auch bewusst, dass wir Bedeutung haben. Eine Bedeutung, die wir uns nicht erarbeiten können, die wir vielleicht auch nicht verstehen, ja manchmal sogar ablehnen. Eine Bedeutung, die uns geschenkt wird: Gott gedenkt unser! Er wendet sich uns zu! Und vielleicht spüren wir das in der Natur in der großen Schöpfung ganz besonders stark. Was ist der Mensch, dass er Teil dieser großartigen und beeindruckenden Schöpfung sein darf!? Welch ein Glück haben wir, wenn wir das erleben und sehen dürfen, was ja längst nicht allen zufällt!?

Ich hatte schon viel Glück und war an einigen spannenden Orten dieser Welt, an manchen Stellen überkam mich ein seltsames Gefühl. Dieses Klein-Sein-Gefühl habe ich schon öfter gehabt, aber manchmal war es auch sonderbar hoffnungsvoll. Ich habe dann Hoffnung gespürt, aber nicht für mich, noch nicht einmal für die Menschheit, sondern für die Natur, die Schöpfung als solche! Und gleichzeitig eine tiefe Dankbarkeit, dass ich ein Teil davon bin und diese Erfahrung, da bin ich mir sicher, bringt mich weiter, sie lässt mich das Gute wahrnehmen, das mir immerzu widerfährt.
Mein Leben ist reich, ich bin beschenkt, Gott gedenkt meiner, ja, er liebt mich! Und das ist auch so, wenn alles gar nicht rosig aussieht: wenn eine Pandemie die Welt auf den Kopf stellt; Ängste einen bewegen; Trauer im Herzen ist. Denn meistens gibt es eine andere Seite der schlimmen Dinge! COVID 19 hat vielen, zumindest für eine gewisse Zeit, die Augen geöffnet, darauf zu schauen, was wichtig ist. Viele haben einen größeren Zusammenhalt in der Familie und dem Freundeskreis aufgebaut und das ist schön und wird auch nicht weniger schön durch die Tatsache, dass natürlich viele Familien/Beziehungen in der Zeit der Corona-Beschränkungen schrecklich gelitten haben!
Ängste fühlen sich nicht gut an, sie können einen beherrschen, sie können einen fertig machen, aber oft führen sie dazu, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt und somit auch mit sich selbst und das kann einen auf gute neue Wege führen, die das Leben bereichern und letztendlich Sicherheit geben.
Trauer ist schlimm, manchmal so sehr, dass man das Gefühl hat, dass man daran zerbricht, aber im Grunde ist sie ein Zeichen für die große Liebe, die man dem Menschen entgegenbringt, den man verloren hat. Sie ist eine Zeit voller schöner Erinnerungen und Wertschätzung!

Ich bin klein, insgesamt betrachtet, bedeutungslos und ich werde kaum Spuren auf dieser Welt hinterlassen, aber ich bin Teil von etwas Großem und Wunderbaren, etwas, was vielleicht für immer bestehen bleibt.

Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?

Ich bin dankbar. Eine gute Zeit im Urlaub oder daheim wünsche ich Ihnen und passen Sie auf sich auf,
Ihre Iris Gronbach