Wie kommt das nur, dass so viele Menschen so gern meckern? Manche sagen, das Internet wäre schuld, weil es das Meckern so erleichtert. Und tatsächlich kann man es da besonders schön sehen. Egal, worum es geht, immer findet sich jemand, der meckert. Da schreibt jemand einen schönen Text über das Leben und wie man es genießen kann und ZACK kommt der erste negative Kommentar! Der kann recht unterschiedlich ausfallen, entweder man regt sich über Rechtschreibfehler auf oder darüber, dass der Text kitschig ist. Manche mutmaßen dann auch gleich, warum jemand so positiv auf etwas schauen kann, da fallen dann Wörter wie „dumm“, „unrealistisch“, „Gutmensch“, vielleicht wird dann auch gleich etwas Verschworenes gemutmaßt… Wie auch immer, es findet sich sehr schnell jemand, der sich beschwert, der alles runter zieht und versucht kaputt zu machen, was jemand anderer für sich als schön und wertvoll empfindet.

Ich denke allerdings nicht, dass das am Internet liegt, ich denke, das liegt an uns und unserer Engstirnigkeit. Viele von uns haben ihre Empathie verloren, sie gehen immer von sich selbst aus und sehen sich selbst als Zentrum der Geschehnisse. Dabei sind sie dennoch interessiert an den Anderen, aber gerne nach eigenen Maßstäben und häufig auf bewertende Art. So wie in folgendem Text:

Angeln

Ein Angler saß am Teich und hielt die Rute und wartete darauf, dass ein Fisch anbiss. Ein Mann stand schräg hinter ihm und sah ihm zu. Nach langem Schweigen redete der Mann den Angler an: „Ich kann mir nichts Langweiligeres denken als angeln.“ – „Doch“, entgegnete der Angler, „zusehen!“

 

Für mich ist Angeln auch nichts, ich stelle mir das auch langweilig vor! Außer vielleicht Hochseefischen, das wäre noch ein Kick! Immer wenn ich Angler sehe, geht mir ganz viel durch den Kopf: Welche Fische mag der wohl an diesem Gewässer fangen? Kann man die dann essen? Und schmeckt das dann? Verkauft er die vielleicht? Ist er auf Fische angewiesen, weil er zu wenig Geld für Essen hat? Und ganz oft denke ich: Ach, was für ein schönes Plätzchen und schade eigentlich, dass ich nicht die Muße habe für diesen „Sport“! Aber nie würde ich zu einem Angler gehen, um ihm mitzuteilen, wie langweilig oder unsinnig ich sein Tun finde!

Dabei erscheinen mir persönlich (leider) viele Dinge unsinnig, auch viele Texte, die ich im Internet lese, aber ich sehe, wie sie anderen Menschen etwas geben oder sie ihnen wichtig sind. Warum soll ich ihnen das kaputt machen wollen?

Der Angler in unserem kurzen Text antwortet sehr gelassen und treffend. Er hält dem Meckerer einen Spiegel vor die Nase!

Warum beschäftigst Du Dich mit Dingen, die Du total langweilig oder doof findest? Geh weg! Schau Dich um, was Du selbst machen kannst, was Dich erfreut und erfüllt und lass die Menschen, die Anderes gut finden, in Ruhe!

Diese Meckermentalität nimmt uns ganz viel. Sie raubt uns die Kraft für die schönen Dinge, sie fokussiert unsere Aufmerksamkeit auf das, was uns gegen den Strich geht. Natürlich gibt es immer wieder Situationen und Verhältnisse, die uns nicht gefallen und man muss auch nicht immer den Mund halten, aber vielleicht lehnt man sich mal zurück, atmet tief durch und fragt sich, was genau stört mich? Muss ich dem Jugendlichen wirklich sagen, dass ich seine Hose, die mehr Löcher als Stoff hat, hässlich finde? Muss ich mich darüber aufregen, dass die Frau im Auto neben mir furchtbare Schlagermusik hört? Muss ich es idiotisch finden, dass jemand statt zünftig Fußball zu spielen es mit Quidditch probiert? Mit ein bisschen Abstand zur ersten eigenen Empörung, kommt man dann vielleicht zu der Erkenntnis, dass es einen einfach stört, dass da jemand anders denkt und fühlt als man selbst, dass es einen aber gar nicht einschränkt oder kritisiert oder kleiner macht. Und dann kann man ja vielleicht mit einem Schmunzeln weitergehen und sich freuen über die Vielfalt des menschlichen Seins!

Es ist Frühling, draußen wird es warm und hübsch, gehen Sie raus in die Natur und erproben Sie Ihre Gelassenheit!

Ihre Iris Gronbach