Zerbrochen

Ich habe einen traurigen Film gesehen, der Titel ist: Broken Circle. Es geht um den Umgang mit den Schicksalsschlägen des Lebens. Erzählt wird in kurzen, manchmal verwirrenden, weil nicht chronologischen Sequenzen, die Liebesgeschichte von Elise und Didier, die ihre gemeinsame Tochter im Alter von 6 Jahren an Leukämie verlieren.
Didier spielt in einer blue-grass-Band und Elise, die erst durch Didier von dieser Art Musik erfährt, steigt als Sängerin mit ein. Das hat zur Folge, dass ein großer Teil des Films von Musik getragen wird, was teilweise schon fast einen eigenen Erzählstrang ausmacht.
Broken Circle ist ein trauriger, aber sehenswerter Film, einer ohne happy end und trotzdem fühlt man sich danach vielleicht ein wenig gestärkt für die Dinge, die im eigenen Leben noch kommen oder hoffentlich NICHT kommen werden! Ich finde ihn sehenswert und die Musik ist sehr schön und gefühlvoll, aber was mich darüber hinaus beschäftigt ist die Diskussion um Religion, die in diesem Film geschildert wird.
Didier ist Amerika-Fan und Atheist. Letzteres spielt eigentlich keine Rolle im Zusammensein dieser kleinen glücklichen Familie. Elise ist auch nicht fromm, aber dem ganzen nicht abgeneigt, vielleicht auch traditionell irgendwie ans Christentum gebunden, es ist auch ganz egal…in den guten Zeiten.
Dann wird die Tochter, Maybelle, krank, schwer krank, sie leidet, verbringt viel Zeit im Krankenhaus und als sie mal wieder für ein paar Tage zuhause ist, bricht ihre eigene Trauer, ihre Angst und Beschäftigung mit dem Tod, über den noch keiner mit der 6-jährigen gesprochen hat, aus ihr heraus als sie einen verunglückten Vogel findet. Didier, der Atheist, ist mit ihr zuhause. Maybelle weint, sie möchte wissen, was jetzt mit dem Vögelchen passiert, wo es tot ist und der Vater in seiner totalen Hilflosigkeit möchte seiner Tochter den toten Vogel wegnehmen und ihn wegwerfen. Er hält sogar einen Vortrag darüber, warum er nicht in den Biomüll darf und bei dieser Szene zog sich in mir alles zusammen. Ich war empört, enttäuscht, aber auch traurig mitfühlend mit diesen Mann, der seine Tochter über alles liebt und ihr und sich selbst den Tod und die Angst davor wegnehmen möchte, aber NULL Instrumente dafür hat.
Er merkt es selbst, dass er da nicht gut reagiert hat, aber er kann es sich erklären und bleibt auch im Folgenden dabei, sich alles, was um die Krankheit und schließlich den Tod und die darauf folgenden Gefühle geht, vermeintlich rational zu ergründen: Maybelle, die geliebte Tochter ist gestorben, weil verbohrte religiöse Fanatiker die Forschung gegen Leukämie verhindert haben, indem sie es als unethisch ansehen mit Stammzellen von Embryonen zu forschen! Die Religiösen sind schuld!
Die Beziehung mit Elise läuft seit dem Tod von Maybelle nicht mehr gut. Zu unterschiedlich sind die Arten zu trauern und die Versuche ohne das geliebte Kind zu leben. Elise geht eher spirituelle Wege, die Didier nicht mitgehen kann, nein vielmehr versucht er sie ihr zu versperren. Fast hat man das Gefühl er gönnt ihr den Trost nicht, den sie aus ihren, seiner Meinung nach irrationalen, Vorstellungen schöpft nicht. Als Zuschauer wird man trauriger Zeuge davon, dass Liebe allein dann doch nicht reicht…
Broken Circle ist ein trauriger Film, er geht nicht gut aus, aber er beschäftigt einen noch nachhaltig. Abgesehen von dem Tod und dem Leid und den Schmerzen, die Menschen immer wieder durchleiden müssen, geht mir die Wirkweise von Religion immer noch durch den Kopf. ICH bin ein glaubender Mensch, ich weiß zwar nicht, wie weit mich mein Glauben tragen wird, wenn es wirklich einmal ganz hart kommt, aber ich habe da fürs Erste Wege und Möglichkeiten mit Schicksalsschlägen umzugehen. Manche Menschen haben das nicht, sie verschließen sich diesen Möglichkeiten, was sie natürlich dürfen, aber das macht ihnen das Leben nicht unbedingt leichter. Und manchmal wird Menschen dieser Weg versperrt, sie werden dann nicht akzeptiert mit ihren Vorstellungen, sie werden dann ihrer Hoffnungen beraubt und das ist grausam und führt manchmal, oft zu noch mehr Leid.
Ich bin Christin, andere Glaubensrichtungen sind mir oft suspekt, schnell verwerfe ich Vorstellungen wie Wiedergeburt oder dass Tote zu Schutzengeln werden, aber es wäre falsch Anderen diesen Glauben zu nehmen, wenn sie sich gerade in einer Lage befinden, in der sie sich daran klammern, um überhaupt irgendwie weiter bestehen zu können. Religion, Glaube oder auch Atheismus sollte immer nur ein Angebot sein, niemals etwas, was man anderen Menschen überstülpt. Die Folgen könnten fatal sein, das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, wenn es uns wirklich auf unser Gegenüber, auf unseren Nächsten ankommt.
Ich wünsche Ihnen eine Zeit, in der Sie Toleranz und Empathie spüren und leben können,
Ihre Iris Gronbach